Haftung des GmbH-Geschäftsführers nach § 43 GmbHG
Der häufigste Fall der Haftung des GmbH-Geschäftsführers ist die Haftung aus § 43 GmbHG. Danach haftet der GmbH-Geschäftsführer gegenüber der Gesellschaft für von ihm begangene Pflichtverletzungen.
§ 43 GmbHG, Haftung der Geschäftsführer
(1) Die Geschäftsführer haben in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden.
(2) Geschäftsführer, welche ihre Obliegenheiten verletzen, haften der Gesellschaft solidarisch für den entstandenen Schaden.
(3) Insbesondere sind sie zum Ersatz verpflichtet, wenn (…) Zahlungen aus dem zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögen der Gesellschaft gemacht oder (…) eigene Geschäftsanteile der Gesellschaft erworben worden sind. (…) Soweit der Ersatz zur Befriedigung der Gläubiger der Gesellschaft erforderlich ist, wird die Verpflichtung der Geschäftsführer dadurch nicht aufgehoben, dass dieselben in Befolgung eines Beschlusses der Gesellschafter gehandelt haben.
(4) Die Ansprüche auf Grund der vorstehenden Bestimmungen verjähren in fünf Jahren.
Eigene Pflichtverletzungen
Eine eigene Pflichtverletzung des GmbH-Geschäftsführers zu begründen ist oftmals sehr schwer.
Hintergrund ist, dass dem GmbH-Geschäftsführer ein weiter Handlungsspielraum (unternehmerisches Ermessen) bei der Ausübung seiner Geschäftsführertätigkeit zusteht.
Auch riskante Geschäfte sind daher nicht immer pflichtwidrig oder haftungsbegründend, sondern erst dann, wenn eine nicht mehr akzeptable Risikoschwelle überschritten wird. Wo genau diese liegt, ist oftmals schwer feststellbar. Je höher der mögliche Schaden für die Gesellschaft ist, umso sorgfältiger muss der GmbH-Geschäftsführer jedoch seine Entscheidung abwägen. Existenzbedrohende Geschäfte sind jedoch unzulässig.
Zu beachten ist auch, dass der GmbH-Geschäftsführer die Interessen der Gesellschaft wahrzunehmen hat.
Erhält er daher seitens der Gesellschafterversammlung die Anweisung, bestimmte Geschäfte durchzuführen, so begründet dies i.d.R. keine eigene Haftung des GmbH-Geschäftsführers.
Grundsätzlich pflichtwidrig handelt ein Geschäftsführer jedoch, wenn er rechtlich unzulässige Geschäfte ausführt.
Verstoß gegen die Überwachungspflicht
Da die Haftung nach § 43 GmbH einen eigenen Verstoß des GmbH-Geschäftsführers voraussetzt, scheidet eine Haftung des GmbH-Geschäftsführers regelmäßig dann aus, wenn Dritte (z.B. Mit-Geschäftsführer, Angestellte) pflichtwidrig handeln.
Gleichwohl trifft den GmbH-Geschäftsführer im Rahmen der Unternehmensleitung auch eine Überwachungspflicht gegenüber Angestellten und Mit-Geschäftsführern. Verletzt der GmbH-Geschäftsführer seine Pflicht zur gewissenhaften Überwachung, so kann ihn ausnahmsweise auch bei Verstößen Dritter eine eigene Haftung treffen.
Haftung aus dem Angestelltenvertrag
Die Haftung aus dem Angestelltenverhältnis besteht zwar, geht jedoch nicht weiter als die Haftung nach § 43 GmbHG. Die Haftung aus dem Angestelltenverhältnis wird also von der Haftung nach § 43 GmbHG umfasst. Dies betrifft z.B. auch Verstöße gegen ein im Angestelltenverhältnis vereinbartes Wettbewerbsverbot.
Haftung des GmbH-Geschäftsführers nach § 64 GmbHG
Einen besonderen Haftungstatbestand bildet die Regelung des § 64 GmbHG.
Dieser betrifft gerade GmbH-Geschäftsführer von Gesellschaften, die in wirtschaftliche Bedrängnis geraten sind. Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers besteht in diesem Fall dann, wenn er trotz Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder nach Feststellung ihrer Überschuldung noch Zahlungen erbringt.
Ausnahmsweise können Zahlungen jedoch auch gerechtfertigt sein, wenn diese mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes vereinbar sind.
§ 64 GmbHG Haftung für Zahlungen nach Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung
Die Geschäftsführer sind der Gesellschaft zum Ersatz von Zahlungen verpflichtet, die nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft oder nach Feststellung ihrer Überschuldung geleistet werden. Dies gilt nicht von Zahlungen, die auch nach diesem Zeitpunkt mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar sind. Die gleiche Verpflichtung trifft die Geschäftsführer für Zahlungen an Gesellschafter, soweit diese zur Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft führen mussten, es sei denn, dies war auch bei Beachtung der in Satz 2 bezeichneten Sorgfalt nicht erkennbar. Auf den Ersatzanspruch finden die Bestimmungen in § 43 Abs. 3 und 4 entsprechende Anwendung.
Die Abgrenzung ist hierbei oft sehr schwer. Viele GmbH-Geschäftsführer wollen die in Not geratene Gesellschaft noch retten oder verschließen sich der wirtschaftlichen Zwangslage der Gesellschaft. Dabei verkennen GmbH-Geschäftsführer leider sehr häufig, dass sie durch ihr Verhalten in die eigene Haftung nach § 64 GmbHG geraten.
Deliktische Haftung
In Einzelfällen kann es auch zu einer deliktischen Haftung des GmbH-Geschäftsführers nach § 823 BGB kommen. Erforderlich ist dafür jedoch die Verletzung eines „Schutzgesetzes“. Welche gesetzlichen Bestimmungen als „Schutzgesetze“ anzusehen sind, ist umstritten. In Betracht kommen dabei z.B. die Bestimmungen des Strafgesetzbuches. Relevant sind hier für GmbH-Geschäftsführer insbesondere die Straftatbestände Untreue und Bankrott.
§ 823 BGB Schadensersatzpflicht
(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.
Haftung für Steuerverbindlichkeiten
Als Geschäftsführer der GmbH ist dieser der gesetzliche Vertreter (vgl. § 35 Abs. 1 GmbHG) und hat als solche seine gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 AO bestehende Pflicht, rechtzeitig Steuererklärungen abzugeben (§ 149 AO, § 18 Abs. 3 UStG) und die fälligen Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 Abs. 1 AO, § 18 Abs. 4 Satz 2 UStG) zu erfüllen (§ 34 Abs. 1 Satz 2 AO).
Eine Nichtabgabe der Steuererklärungen und Nachkommen der obliegenden Verpflichtungen indiziert die objektive Pflichtwidrigkeit.
Erfolgt die Steuerschätzung und Anmeldung des Schätzbescheids zur Insolvenztabelle und der Geschäftsführer widerspricht nicht, muss er die widerspruchslose Feststellung zur Insolvenztabelle gegen sich gelten lassen.
Er ist aufgrund von § 166 AO gehindert, Einwendungen gegen die Höhe der zur Insolvenztabelle festgestellten Steuern zu erheben, die dem Haftungsbescheid zugrunde liegen
Ist die Steuer dem Steuerpflichtigen gegenüber unanfechtbar festgesetzt, so hat dies nach § 166 AO neben einem Gesamtrechtsnachfolger auch gegen sich gelten zu lassen, wer in der Lage gewesen wäre, den gegen den Steuerpflichtigen erlassenen Bescheid als dessen Vertreter, Bevollmächtigter oder kraft eigenen Rechts anzufechten.
Im Bereich des Steuerrechts wirkt die widerspruchslose Eintragung in die Insolvenztabelle wie die bestandskräftige Festsetzung der Forderung. Die Feststellung der Forderung in der Insolvenztabelle stellt das insolvenzrechtliche Äquivalent zur Steuerfestsetzung durch Verwaltungsakt dar. Die unwidersprochene Feststellung tritt auch für die Berechnung der Haftungsschuld an die Stelle der von der GmbH mit dem Einspruch angefochtenen- Steuerbescheide, die dadurch i.S. des § 124 Abs. 2 AO auf andere Weise erledigt sind.
Eine Forderung gilt nach § 178 Abs. 1 Satz 1 InsO als festgestellt, soweit gegen sie im Prüfungstermin (§ 176 InsO) oder im schriftlichen Verfahren (§ 177 InsO) ein Widerspruch weder vom Insolvenzverwalter noch von einem Insolvenzgläubiger erhoben wird oder soweit ein erhobener Widerspruch beseitigt ist.
Ein Widerspruch des Schuldners steht der Feststellung der Forderung nicht entgegen (§ 178 Abs. 1 Satz 2 InsO). Das Insolvenzgericht trägt für jede angemeldete Forderung in die Insolvenztabelle ein, inwieweit die Forderung ihrem Betrag und ihrem Rang nach festgestellt ist oder wer der Feststellung widersprochen hat; auch ein Widerspruch des Schuldners ist einzutragen (§ 178 Abs. 2 Satz 1 und 2 InsO).
Die widerspruchslose Eintragung in die Insolvenztabelle wirkt gemäß § 178 Abs. 3 InsO für die festgestellten Forderungen ihrem Betrag und ihrem Rang nach wie ein rechtskräftiges Urteil zwar (nur) gegenüber dem Insolvenzverwalter und allen Insolvenzgläubigern.
Die widerspruchslose Feststellung zur Insolvenztabelle hat aber Rechtswirkungen nicht nur gegenüber dem Insolvenzverwalter und den Insolvenzgläubigern, sondern auch gegenüber der GmbH als Insolvenzschuldnerin.
Denn die Insolvenzgläubiger können gemäß § 201 Abs. 1 InsO nach der Aufhebung des Insolvenzverfahrens ihre restlichen Forderungen gegen den Schuldner unbeschränkt geltend machen. Die Insolvenzgläubiger, deren Forderungen festgestellt und nicht vom Schuldner im Prüfungstermin bestritten worden sind, können aus der Eintragung in die Insolvenztabelle wie aus einem vollstreckbaren Urteil die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner betreiben (§ 201 Abs. 2 Satz 1 InsO). Der Tabelleneintrag hat die Wirkung eines vollstreckbaren Titels.
Dem Insolvenzschuldner stehen deshalb im Insolvenzverfahren Rechte zu. Er darf am Prüfungstermin (§ 176 InsO) teilnehmen und die Forderungen bestreiten. Der Prüfungstermin dient dem Insolvenzverwalter, den Insolvenzgläubigern sowie dem Schuldner dazu, ihre Vorbehalte gegen eine Forderung kundzutun und dokumentieren zu lassen. Dem Schuldner ist außerdem zur Gewährung rechtlichen Gehörs ggf. nach § 186 InsO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, weil die Säumnisfolge, dass die Feststellung wie eine rechtskräftige Verurteilung wirkt, eine ungerechtfertigte Härte wäre, wenn der Schuldner durch unabwendbare Ereignisse am Erscheinen gehindert worden ist.
Widerspricht hingegen der Insolvenzschuldner der Forderungsanmeldung des FA (§ 174 InsO) gemäß § 178, § 184 InsO, musste nach der im Streitfall maßgeblichen Rechtslage gemäß § 184 Satz 2 InsO a.F. (vgl. Art. 103c Abs. 1 des Einführungsgesetzes zur Insolvenzordnung) das FA das unterbrochene Einspruchsverfahren gegenüber dem Insolvenzschuldner aufnehmen, um dessen Widerspruch zu beseitigen. Im laufenden Einspruchsverfahren des Insolvenzschuldners wird dann die materielle Rechtmäßigkeit der angemeldeten Steuerforderungen geklärt und der Insolvenzschuldner kann seine Einwendungen vorbringen.
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